Energiewende: Wie werden tragbare Motorgeräte klimaneutral?

2022-11-14 15:10:51 By : Ms. Monica Pan

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Stihlleben mit Säge: Zweitakter werden immer sauberer. Aber die Alternative liegt auf der Hand. Akkubetriebene Geräte wie die neue MSA 300 sind gefragt. Bild: Stihl

Wenn bald alles klimaneutral sein soll, was geschieht dann mit all den Kettensägen und Heckenscheren? Ein Gespräch mit Anke Kleinschmit, der Entwicklungsvorständin von Stihl.

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A lle reden vom Auto und der verkehrspolitischen Wende, erklärtes Ziel ist es dabei, von fossilen Energieträgern weg und hin zu sauberem elektrischen Strom zu kommen. Doch es gibt eine Reihe weiterer Baustellen, etwa an großem Gerät wie Zügen, Bahnen und Schiffen, im mittleren Bereich sind es neben den Lastwagen Baumaschinen sowie solche für die Land- und Forstwirtschaft. Die kleinsten Verbrennungsmotoren finden sich in tragbarem Werkzeug, etwa dort, wo ein Elektrobetrieb aus unterschiedlichen Gründen noch nicht infrage kommt. Zum Beispiel gilt das bisher für Motorsägen im Forst, denn die Energiedichte von Benzin wird auch von den besten Akkus bei Weitem nicht erreicht.

Wie könnte sich da der Umbau auf klimaneutralen Betrieb gestalten? „Der Verbrennungsmotor ist noch lange nicht am Ende“, sagt Anke Kleinschmit, die Entwicklungsvorständin von Stihl. Das schwäbische Unternehmen gehört zu den führenden Herstellern von motorbetriebenen Geräten für die Forst- und Landwirtschaft und bietet neben den Produkten für Profis auch Linien für Privatleute an. Seit Beginn dieses Jahres produziert das Unternehmen in Deutschland klimaneutral, die Werke im Ausland sollen 2022 folgen. Kleinschmit hat das Amt seit knapp drei Jahren inne, sie war zuvor Leiterin der Technologiefabrik Powertrain der Daimler AG.

Stihl entwickelt die leichten Zweitaktmotoren, wie sie vor allem in den Sägen verwendet werden, mit Blick auf abgasarmen Betrieb weiter, denn die Vorschriften werden immer strenger. Ende der Achtzigerjahre wurde ein ungeregelter Katalysator eingeführt, gleiche und bessere Ergebnisse lassen sich heute aber mit der patentierten Spülvorlage erreichen, dabei wird durch gesonderte Kanäle ein Luftpolster vor den Auslassschlitz gelegt, das weitgehend verhindert, dass unverbranntes Gemisch in den Auspuff entweicht. Die Folge ist neben dem schadstoffärmeren Abgas auch ein geringerer Verbrauch und ein besserer Drehmomentverlauf. Vor drei Jahren kam die erste Motorsäge mit elektronischer Benzineinspritzung statt des bisher üblichen Vergasers auf den Markt, das verbessert das Abgasverhalten ebenfalls. Die Entwicklung geht auch in andere Richtungen weiter, kürzlich wurde die erste Säge mit Magnesiumkolben vorgestellt, die Gewichtsersparnis an den bewegten Massen kommt vor allem dem Drehvermögen zugute.

Mit Blick auf künftig weiter verschärfte Vorschriften wäre es denkbar, die Möglichkeiten zur Abgasreduktion zu kombinieren, meint Kleinschmit, das sei allerdings auch eine Kostenfrage. Für motorbetriebene Hand- und Gartengeräte wird ohnehin besonders sauberes und zugleich deutlich teureres Alkylatbenzin verwendet, weil der Benutzer längere Zeit im Abgasstrom zubringen muss. Stihl bietet als einziger Hersteller von Geräten so etwas unter einer Eigenmarke als MotoMix an, zur Ölversorgung der 2-Takter (und der hauseigenen 4-Takter mit Mischungsschmierung) ist dort ein vollsynthetisches Zweitaktöl beigemischt, das naturgemäß mit verbrennt. Für den Betrieb von Viertaktern mit Getrenntschmierung werde das Pendant ohne Ölbeimischung namens Stihl MotoPlus verwendet, sagt Kleinschmit.

Auch das sauberste herkömmliche Benzin kann freilich nicht CO2-neutral verbrennen. Deshalb gehen die Bemühungen dahin, den Treibstoff synthetisch herzustellen. Kleinschmit sieht darin mittelfristig die Zukunft der Motorgeräte, sagt aber auch, dass für klimaneutralen Kraftstoff große Mengen Wasserstoff gebraucht werden, der umweltfreundlich mittels Elektrolyse aus Grünstrom gewonnen wird. Wo der herkommt, sei die wichtigste Herausforderung.

Die Alternative ist absehbar. Vor einigen Jahren noch belächelt, sind akkubetriebene Handgeräte immer leistungsfähiger geworden, ihr Marktanteil steigt. Jüngstes Kind der Weiterentwicklung und vom kommenden Frühjahr an erhältlich ist die MSA 300, die nach Angaben des Unternehmens stärkste Akkusäge der Welt. Sie erreicht eine Kettengeschwindigkeit von 30 Meter in der Sekunde, der Motor hat eine Leistung von 3 Kilowatt. Mit diesen Daten kommt die Akkusäge an die Leistung mittelgroßer Motorsägen heran bei etwa gleichem Gewicht, aber deutlich geringerer Geräusch- und ohne Abgasentwicklung. Möglich macht das der rasante Fortschritt in der Akkutechnik, die jüngste Generation der Profi-Linie von Stihl, der AP 500 S, gibt erheblich mehr Leistung ab als frühere Generationen und hat mit 337 Wattstunden zugleich einen höheren Energiegehalt. „Wir müssen die Ladetechnik weiterentwickeln“, weiß Kleinschmit, Schnellladen und mobiles Laden seien Themen.

Stihl arbeitet mit Herstellern der Batteriezellen zusammen und ist stolz auf seine kompakten 36-Volt-Akkus. „Wir haben die leistungsfähigsten Zellen der Welt“, sagt die Entwicklungsvorständin mit Blick auf das Verhältnis von Energiegehalt, Leistung und Gewicht. Setzt sich der Trend fort, werden die Akkusägen dann voraussichtlich nicht nur wie bisher in der Baumpflege, für Gärtner und Privatanwender interessant, sondern auch für den professionellen Einsatz im Forst. Gerade so, wie sich die Akkutechnik derzeit mehr und mehr in den Kommunen für Laubbläser und Motorsensen durchsetzt.

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Ein Hemmschuh für die weitere Verbreitung sind noch immer die verschiedenen Formate der Hersteller, die unter­einander nicht kompatibel sind. Einige große Unternehmen der Branche wie Metabo und Bosch haben ihre Schnittstellen für kleinere Nischenanbieter zugänglich gemacht, die dann alle die gleichen Akkus verwenden können. Das sei ein interessantes Konzept, meint Kleinschmit, allerdings hätten die Hersteller, die an das System andocken, dann die Schwierigkeit, dass ihre alten Geräte nicht mit den neuen Akkus betrieben werden können.

Ob Motor oder Akku, die Zukunft gehört der Konnektivität. Ein Bauteil am Gerät erfasst die Betriebsstunden und andere Daten, sie werden über Bluetooth an das Smartphone und von dort aus in die Cloud übertragen. Das ermögliche es, die Geräteflotte viel besser als bisher zu verwalten und zu planen, meint Kleinschmit. Alles, was man wissen muss, bietet dann die App.

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