Mordwerkzeug: Ein elektrische Gartenschere

2022-11-14 15:05:44 By : Ms. Jennifer Zhou

Prozessauftakt vor dem Landgericht gegen 35-Jährigen

Hadamar/Limburg -Um zu bestrafen und um eine Zeugenaussage zu verhindern, soll ein heute 35 Jahre alter Deutscher am 2. September vergangenen Jahres einen 34-Jährigen in dessen Haus in Hadamar brutal ermordet haben. Als Tatwerkzeuge nennt die Staatsanwaltschaft eine elektrische Gartenschere und ein Messer. Seit gestern muss sich der mutmaßliche Täter vor dem Limburger Landgericht verantworten.

Allein die Auflistung der Schnitt- und Stichwunden dauert mehrere Minuten. Die Beschreibungen der Verletzungen, die Staatsanwältin Birgit Huppers vorträgt, fügen sich zu einem blutigen Massaker zusammen: Von längs- und querverlaufenden Schnitten an Kopf, Rumpf und an den Gliedmaßen spricht sie. Von Durchtrennungen, beschädigtem Weichteilgewebe, Hämatomen und Hautlappen, von Stichen in die Herzkammer und die Leber und von innerem und äußerem Blutverlust, an dem das Opfer starb.

Bei seiner Tat sei der Angeklagte "über das für die Tötung erforderliche Maß deutlich hinausgegangen", fasst die Staatsanwältin in Juristendeutsch zusammen, was in seiner Brutalität kaum vorstellbar ist. Angetrieben habe den Beschuldigten dabei die Vorstellung, das Opfer zu bestrafen und in einer anderen Sache zum Schweigen zu bringen.

Diese andere Sache ist eine Körperverletzung, die sich rund acht Monate vor dem Mord im Dornburger Ortsteil Wilsenroth zugetragen haben soll. Bereits damals sei der Beschuldigte gewalttätig gewesen und mit einer Machete auf eine Bekannte und auf den Mann aus Hadamar losgegangen. Was genau passierte, sei zunächst unklar gewesen, sagt Staatsanwältin Huppers. Die Frau erlitt Platzwunden am Kopf und Blutergüsse am Körper, konnte sich aber an den Hergang der Auseinandersetzung nicht erinnern. Auch dem Hadamarer fiel erst später ein, dass der Beschuldigte die Frau verletzt habe. Das habe er schließlich auch gegenüber der Polizei ausgesagt. Das wiederum habe den jetzt Angeklagten "erbost"; der Mann aus Hadamar sei ein Verräter und habe bestraft werden müssen. Das ist nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft die Motivation für den Mord Anfang September.

Der geschah gegen 22 Uhr. Nachbarn des späteren Opfers hörten zunächst Rufe und sahen von ihrem Fenster aus, wie der Angeklagte die Haustüre mit Fausthieben und Fußtritten traktierte. Dann sei Glas gesplittert und erneut Schreie zu hören gewesen. Die Nachbarn riefen die Polizei und beobachteten, wie der Angeklagte nach einigen Minuten aus dem Haus lief. Unter einer Jacke versteckt sei ein Werkzeug gewesen, möglicherweise die elektrische Gartenschere. Wie und wo der Beschuldigte ins Haus gelangt ist, wissen die Zeugen nicht. Sie berichten vielmehr davon, dass sie das Mordopfer seit vielen Jahren kannten. Auseinandersetzungen habe es nicht gegeben. Allerdings habe der Mann von einem früheren Zwischenfall eine Gehbehinderung behalten und sei auf einen Rollator angewiesen gewesen.

Der Angeklagte selbst äußert sich am ersten Verhandlungstag nicht zu den Vorwürfen gegen ihn. Das tut dafür die psychiatrische Gutachterin Dr. Angelika Marc aus Haina. Der Angeklagte habe ihr gesagt, dass er "aus gutbürgerlichen Verhältnissen" stamme, jedoch schon früh wegen seines "schwierigen Sozialverhaltens" aufgefallen sei. Nach mehreren Schulwechseln habe er einen Hauptschulabschluss erreicht; eine berufliche Ausbildung hat er nicht. Seit seinem 20. Lebensjahr führe er ein "unstetes Leben", habe ein Kind, sei einmal verheiratet gewesen, wechsele seine Partnerinnen aber im Gleichklang mit seinen Wohnorten.

Wegen seines Alkoholkonsums sei er vor Jahren vorübergehend stationär in Hadamar aufgenommen worden. Cannabis-Konsum habe er ebenso eingeräumt wie sein "Bewährungsversagen" nach weiteren Delikten. Bis zu dem Mordabend habe er mithin "ein Leben auf der Flucht vor den Ermittlungsbehörden geführt", fasst Angelika Marc zusammen. Bei der Begutachtung im Dezember habe der Beschuldigte erklärt, er stehe zu der Straftat. "Wenn der nicht tot ist, dann wäre ich es", zitiert sie aus dem Gespräch.

Denn nach Aussage des mutmaßlichen Täters habe das spätere Opfer den Angeklagten mit einem Messer angegriffen. Der Beschuldigte habe sich mit der Gartenschere gewehrt. Dabei habe der andere in das offene Werkzeug gegriffen. An mehr könne er sich nicht erinnern.

Das kann dafür ein Polizist. Der schildert dem Gericht nicht allein den Tatort, dessen Küchenfußboden mit Blut besudelt gewesen sei. Er berichtet auch von einer früheren Begegnung mit dem mutmaßlichen Mörder im Jahr 2020. Die Polizei sei gerufen worden, weil der Beschuldigte sich weigerte, die Wohnung seines Bruders zu verlassen. Bei ihrem Eintreffen habe er sich den mit "blankem Hass" den Beamten entgegengestellt. Ebenso wie damals sei er auch nach seiner Festnahme bei dem jetzt verhandelten Mordfall hochaggressiv gewesen. Das Opfer war ihm nach Einschätzung des Polizisten "völlig egal".

Die Verhandlung vor dem Landgericht wird heute um 9 Uhr fortgesetzt. anken bohnhorst