Mindestlohn: Warum Äpfel aus Thüringen bald teurer werden könnten | MDR.DE

2022-11-14 15:11:09 By : Ms. Coral lau

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von Florian Girwert, MDR THÜRINGEN

Billige oder regionale Äpfel? Diese Frage müssen sich Konsumenten laut Thüringer Obstbauern bald möglicherweise stellen. Durch den hohen Anteil an Handarbeit in der Branche wirke sich der steigende Mindestlohn bald auf die Obstpreise aus. Denn die Löhne sind der wichtigste Kostenfaktor beim Anbau. In Thüringen wird auf mehr als 2.000 Hektar Kern- und Steinobst produziert - für die Vermarktung als Frischobst sowie die Verarbeitung beispielsweise in Konserven.

Die Thüringer Obstbauern erwarten durch einen steigenden Mindestlohn auch steigende Obstpreise. Andere Länder produzierten deutlich günstiger - und nicht alle Verbraucher wollen demnach mehr Geld für Obst aus regionalem Anbau zahlen.

Die Arbeiterinnen und Arbeiter verbreiten immer wieder leise surrende Geräusche beim Baumschnitt. Was an eine Gürteltasche erinnert, ist in Wirklichkeit ein Akku, der eine elektrische Ast-Schere antreibt. Mit der schneiden derzeit etwa 30 Saisonkräfte aus Polen bei Gierstädt überflüssige Triebe von den Obstbäumen des Betriebs Fahner Obst. Über den Sommer bis in den Herbst hinein heuert der Betrieb zu den eigenen 150 Mitarbeitern noch bis zu 250 Saisonkräfte an. Die arbeiten für den Mindestlohn - und der wird in diesem Jahr noch zwei Mal steigen. Auf 10,45 Euro im Juli, auf 12 Euro ab Oktober.

Jörg Dornberger von der Fahner Obst eG rechnet nüchtern. Polnische Produzenten hätten grundsätzlich innerhalb der EU den gleichen Marktzugang, müssen aber nach seinen Worten nur mit etwa vier Euro Lohnkosten arbeiten. Und Lohn macht mehr als die Hälfte der Kosten etwa beim Apfel aus. Schneiden ist Handarbeit, Ernten ist Handarbeit. "Das sind 60 Prozent der Kosten der Entstehung des Produktes, das schlägt voll durch. Am Ende bleiben 25 Prozent Steigerung aufs Produkt übrig", sagt Dornberger.

"Das ist kein Spaß", ergänzt er und meint das sehr ernst. Es gehe ja nicht darum, dass man keine ordentlichen Löhne zahlen wolle. Aber die Produkte stünden im Handel im Wettbewerb mit Erzeugnissen aus anderen Ländern. "Wir haben einen europäischen Binnenmarkt", so Dornberger. In Polen seien die Kosten deutlich geringer. Viele Verbraucher sagten zwar, dass Ihnen Regionalität oder deutsche Produktion wichtig seien. "Aber es gibt genügend Belege, dass zwar viel so geredet, aber dann anders gehandelt wird." Im Zweifel lande dann eben doch die billigere Alternative im Einkaufswagen.

Er fürchtet, dass die Steigerung von derzeit 9,82 Euro dazu führt, dass deutsches Obst weniger wettbewerbsfähig ist und der Obstbau sogar verschwinden könnte. In Holland etwa sei der Apfelanbau auf diese Weise verschwunden. Zwar könne man im Direktvertrieb angemessene Preise erzielen. "Aber wir können nicht nur über Hofläden verkaufen. Es kann auch nicht jeder 30 oder 50 Kilometer zu uns gefahren kommen, das ist ja auch ökologisch Quatsch." Doch auch er sieht eine erfreuliche Tendenz: Regionalität komme bei den Verbrauchern heute besser an als noch vor 20 Jahren.

Wir können nicht nur über Hofläden verkaufen. Es kann auch nicht jeder 30 oder 50 Kilometer zu uns gefahren kommen, das ist ja auch ökologisch Quatsch.

Auch Björn Kirchner von der Absatzgenossenschaft Fahner Obst sieht die Verbraucher gespalten: "Es gibt einen Teil der Bevölkerung, dem es wichtig ist, Äpfel aus einheimischer Produktion zu kaufen und zu verzehren. Da kennt man die Sozialstandards, die Umweltstandards." Die Menschen wollten regionale Kreisläufe stärken. "Aber es gibt auch einen Teil der Bevölkerung, der sagt, für mich ist der Preis wichtiger." Beide Betriebe erwarten aber generell Preiserhöhungen. Diesel oder Düngemittel sind zuletzt überall im Preis stark gestiegen, nicht nur in Deutschland. Gereinigt, sortiert, kontrolliert und verpackt wird an vielen Stellen vollautomatisch. Das erhöht den Durchsatz und senkt die Kosten.

Über den Mindestlohn sagt er: "Wir werden alle Lohngruppen anpassen müssen." Wer bisher 12,50 Euro oder 14,50 Euro verdient hat, wolle natürlich nicht nur knapp über dem Mindestlohn verdienen. "Mehr Verantwortung oder eine höhere Qualifikation muss sich ja auch lohnen."

Der Verband der Wirtschaft Thüringens sieht genau da das Problem: Auch andere Beschäftigte wollten mehr Geld, die Personalkosten steigen also deutlich. "Das kann auch dazu führen, dass man in Bereichen mit einfachen Tätigkeiten stärker zu automatisieren versucht", sagt VWT-Sprecherin Ute Zacharias. Hinzu kommt aus Sicht des Verbands: Löhne müssten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelt werden. Der Staat habe die Mindestlohn-Kommission mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern eingerichtet und versichert, die sollte über die Höhe des Mindestlohns befinden. Und nun hat doch die Bundesregierung entschieden - wenn auch der Beschluss noch nicht den Bundestag passiert hat.

So oder so: Verbraucher dürfen sich auf steigende Obst-Preise einstellen. Auch Verpackungsmaterial ist zuletzt teurer geworden - eine Papp-Hülle für sechs Äpfel kann - je nach Ausführung - schon mal so viel kosten wie einer der Äpfel. Derzeit werden noch Äpfel vom vergangenen Jahr verkauft, bis zu 11.000 Tonnen können in den Kühlräumen der Absatzgenossenschaft lagern - und quasi auf Bestellung von einem Tag auf den anderen sortiert, verpackt und versandt werden. Die Früchte für die kommende Saison müssen nach dem Baumschnitt jetzt erstmal wachsen.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 12. März 2022 | 19:00 Uhr

So ganz kann ich Ihre Beitrag nicht zustimmen. Ich finde dass es ein Webfehler des EU Binnenmarktes ist, wenn in einem Land mit einem Bruchteil der Lohnkosten produziert werden kann, als in einem anderen - aber trotzdem für beide Betriebe die gleichen Marktmöglichkeiten bestehen. Jenseits des üblichen Jammerns finde ich diese Anmerkung aber durchaus angemessen. Die Bude zuschließen erscheint mir auch keine sinnige Lösung.

Bei vielen weniger der Geldbeutel, als der Mensch der entscheidet wofür der Inhalt verwendet wird. Und für die Menschen, bei denen es der Geldbeutel nicht hergibt, kommt die Erhöhung des Mindestlohn. Es bleiben in der Tat die "Armutsrentner". Für diese Gruppe muss in der Tat eine Lösung her. Es finde es zwar sehr gut, dass es die Tafeln gibt - aber eigentlich kann das nicht die Lösung sein ...

@Hobby-Viruloge007 Warum führen Sie bei einem regionalen Erzeuger das Lieferkettengesetz als Argument ein, wenn dieses doch: "Das Sorgfaltspflichtengesetz, auch als Lieferkettengesetz bekannt, soll der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage dienen, indem es Anforderungen an ein verantwortliches Management von Lieferketten für bestimmte Unternehmen festlegt." Oder wollen sie damit andeuten, dass die Saisonarbeiter bei Fahner nicht menschenwürdig behandelt werden und das Obst etwa aus dem Ausland kommt?

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